„Geschockt“ und „traurig“: Traditions-Tankstelle in Frankfurt macht dicht

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Der letzte hängt den Zapfhahn weg: Michael Zügel wird die Tankstelle, die sein Opa Egon aufbaute und Vater Peter bis vor knapp fünf Jahren betrieb, am Samstag für immer dicht machen. Sie soll abgerissen, auf dem Areal Wohnungen gebaut werden. © Unger
Der letzte hängt den Zapfhahn weg: Michael Zügel wird die Tankstelle, die sein Opa Egon aufbaute und Vater Peter bis vor knapp fünf Jahren betrieb, am Samstag für immer dicht machen. Sie soll abgerissen, auf dem Areal Wohnungen gebaut werden. © Unger

Das Gelände einer Tankstelle in Frankfurt soll nach über sechs Jahrzehnten verkauft werden. Heddernheimer und Römerstädter können es noch gar nicht fassen.

Frankfurt – Vier Generationen der Familie Zügel haben die Tankstelle in der Römerstadt betrieben. Am kommenden Samstag (15.01.2022) schließt sie Michael Zügel (36), seit 2017 Chef der Freien Zapfanlage mit Kultstatus, für immer. „Das gesamte Gelände ist verkauft“, sagt er. Mehr nicht. An wen will er nicht sagen. Vertraglich habe man Stillschweigen vereinbart. Sicher ist aber, dass zu dem Areal auch der riesige Garagenhof mit den rund 80 Stellplätzen auf zwei Etagen gehört, der bis zur Severusstraße reicht. Auch das Wohnhaus gehört zum Konvolut.

Derweil zeigen sich die Heddernheimer und Römerstädter auf Facebook „geschockt“ und „traurig“. Da heißt es etwa: „Das Jahr 2022 fängt für Heddernheim gar nicht gut an. Nach der schon beschlossenen Schließung der Sparkassen-Filiale in der Heddernheimer Landstraße im Februar 2022, schließt nun auch unsere Tankstelle Zügel am 15. Januar 2022 für immer seine Pforten.“ Damit seien bald „zwei tragende Säulen des Heddernheimer Gemeindewesen Geschichte“.

Tankstelle in Frankfurt schließt: Der Stadtteil ist geschockt

Viele Heddernheimer verbinden mit der Tankstelle und ihren Betreibern Erinnerungen: „An der Tankstelle Zügel haben schon Großväter, Väter, Söhne und Enkel getankt oder sich mit kleinen Leckereien versorgt“, heißt es auf Facebook. Heute 50-Jährige erinnern sich daran, wie sie auf dem Gepäckträger des Mofas ihres Vaters mit vorgefahren sind, wenn der Papa tanken musste. Später haben sie selbst dort getankt. Man fühlt sich mit den Betreibern verbunden. Auf Facebook heißt es weiter: „Nach 70 Jahren ist nun Schluss. Michael Zügel, der in vierter Generation die Tankstelle betreibt, ist fassungslos und überaus traurig, er hätte die Tankstelle gerne weitergeführt.“ Über die Gründe der Schließung will der aber nicht in der Öffentlichkeit sprechen. Es werde sowieso zu viel getratscht, lässt er wissen.

Nicht nur, dass die Heddernheimer sich nur schwer und ungern von diesem wesentlichen Teil ihres Stadtteils verabschieden, sie fühlen sich auch von der Stadt im Stich gelassen und zeigen sich verärgert: „Wenn ein Wille dagewesen wäre, um die Tankstelle und damit auch ein Stück Tradition für den Stadtteil zu erhalten, wäre bestimmt auch ein Weg gefunden worden. Hier wird alles geopfert für Wohnungen“, lässt sich ein Facebook-Schreiber aus.

Frankfurt: Betrieb von Tankstelle lässt sich nicht mehr aufrecht erhalten

In der entsprechenden Gruppe wird behauptet, die Auflagen des Umweltamts der Stadt Frankfurt seien „dermaßen hoch, dass der Betrieb der Tankstelle sich nicht mehr aufrechterhalten lässt“. Das betreffe noch nicht einmal die Tankstelle selbst, sondern die Garagen im Hinterhof. Der Boden unter ihnen müsse großflächig abgetragen werden, da sich dort Schadstoffe, die sich über die Jahre angesammelt hätten, entsorgt werden müssten, wird in der Facebook-Gruppe spekuliert.

Für die Familie Zügel seien die zu erwartenden hohen Kosten nicht tragbar und das Grundstück könne nicht aufgeteilt werden, da es dann keine Kaufinteressenten gebe – für ein Grundstück mit einer Tankstelle darauf. Die einzige Möglichkeit für die Familie sei die Schließung der Tankstelle, um das Grundstück komplett verkaufen zu können, „um wenigstens etwas zu retten“, heißt es.

Traditions-Tankstelle in Frankfurt: Ein Stück Erinnerung

Auf Facebook betonen User, wie schade sie es finden, dass da wieder ein Stück Erinnerung verloren gehe. Man wünscht der Familie Zügel viel Glück für die Zukunft, und äußert jetzt schon: „Die Heddemer werden Euch vermissen.“

Die Geschichte begann – so die Familiensaga – Anfang der 50er-Jahre mit Valentin Zügel, der das Grundstück kaufte. Schon bald ging es in den Besitz von Egon Zügel über, der den Tankstellenbetrieb aufbaute und 1983 an Sohn Peter übergab. Der gelernte Kfz-Mechaniker, der im Stockborn (Praunheim) aufwuchs und ein Faible für Motorboote, Tauchen und Südafrika hatte, gab das Unternehmen 2017 an Sohn Michael weiter. Vermutlich werden bis zur Schließung am Samstag noch viele Kunden und Wegbegleiter vorbeikommen, um noch einmal mit dem Auto durch die Waschstraße zu fahren, sich zu verabschieden, in Erinnerungen zu schwelgen. Oder vollzutanken. Ein letztes Mal. Dann dreht der Zügel den Zapfhahn zu. Für immer. (Michelle Spillner)

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