„Nida ist nicht Heimatkunde“

0
239
Dr. Wolfgang David, Direktor des Archäologischen Museums Frankfurt zum Thema: NIDA – römischer Ursprung Frankfurts
Dr. Wolfgang David, Direktor des Archäologischen Museums Frankfurt zum Thema: NIDA – römischer Ursprung Frankfurts

Museumsleiter spricht über die römische Stadt – Wie man andernorts mit Funden umgeht

Edles Parkett, das sich einer Ziehharmonika gleich auffalten lässt und darunter römische Mauerreste sichtbar macht (Bratislava); Katakomben, geschützt von einer aufwendigen Betonkonstruktion mit mächtigen Säulen, auf denen sogar ein Hochhaus steht, und die nur an wenigen Tagen im Jahr der Öffentlichkeit zugänglich sind (Rom); eine Tiefgarage, die unter die archäologischen Funde gebaut wurde (nochmals Slowakei): An Beispielen für einen kreativen Umgang mit römischen Funden ließ es Wolfgang David, Direktor des Archäologischen Museums Frankfurt, am Mittwoch Abend im Clubhaus Wenzelweg nicht fehlen.

Was einmal werden soll

Eingeladen hatte den 60 Jahre alten Vor- und Frühgeschichtler der Ortsbeirat 8 (Nordweststadt, Heddernheim, Niederursel). Und knapp 100 Zuhörer, darunter auch der Leiter der aktuellen Grabungen auf dem ehemaligen Ami-Areal gegenüber der Mithrasstraße, waren gekommen. Beschäftigt die Zukunft des knapp einen Hektar großen Geländes doch nicht nur die Stadtteilpolitiker, sondern auch Hobbywissenschaftler und Anlieger.

Denn auf der einen Seite will die städtische ABG-Holding dort möglichst schnell 190 Wohnungen und eine Tiefgarage bauen, auf der anderen träumt das Stadtteilparlament davon, auf dem letzten noch nicht bebauten Gelände des römischen Ortes Nida (75 bis 280 n. Chr.) von einem Römerpark. Oder zumindest einer angemessenen Präsentation der Funde. Und das seit 30 Jahren. Mal mehr, mal weniger engagiert.

Römerpark ist ein Begriff, den David gar nicht mag. „Das klingt nach Europapark Rust“, sagt er. Und genau das solle es nicht sein. Doch er ist auch diesem Abend neutraler und sachlicher Wissenschaftler genug, um den Gastgebern keine Ratschläge zu geben.

Gleichwohl weist er aber auf die oft nicht bedachten Folge- und Erhaltungskosten solcher Anlagen hin. Und er hat auch Bilder eines eher abschreckenden Beispiels aus Rumänien dabei. Dort wurde auf historische Mauerreste ein bühnenbild-ähnliches zweiflügeliges Stadttor gebaut. „Das geht gar nicht“, sagt David, der von 2005 bis 2017 das Kelten-Römer-Museum im bayerischen Manching leitete und eine ausgewiesener Experte für dererlei publikumswirksame Einrichtungen ist. Und für das Ergattern von europäischen Fördermittel.

Immer im Blick von Rom

Von europäischer Dimension sei auch die Bedeutung der – schon gemachten – hiesigen Funde, Ausgrabungen und der Stadt selbst. „Nida ist nicht Heimatkunde“, so David. Vielmehr müsse man den Hauptort des Verwaltungsgebiets Civitas Taunensium an der nordöstlichen Ecke des Römischen Reiches und in direkter Nachbarschaft zum Limes auch aus dem Blickwinkel Roms betrachten: Nida war auch für die fernen Kaiser wichtig.

Internationale Aufmerksamkeit hat Nida / Heddernheim aber schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts. 1823 begannen die ersten geregelten Ausgrabungen auf dem Areal, das sich schnell den Ruf eines „Teutschen Pompeji“ erwarb. „Zu dieser Zeit waren Heddernheim und Praunheim noch nicht eingemeindet, deshalb kommt in der Literatur Frankfurt als Fundort meist nicht vor“, so David, der in seinem 1. Semester im München erstmals von der Siedlung hörte. Auch heute hätten deshalb nicht alle Kollegen diese örtliche Verbindung gleich parat. Wohl aber die außerordentlichen Fundstücke, die durch damalige Verkäufe den Weg in die ganze Welt angetreten hätten. „Etwa bis ins British Museum in London“, ließ der Referent wissen.

Dabei zeichne sich Nida auch durch seine ungewöhnlich hohe Anzahl an gefundenen Inschriften aus. Dabei sticht eine heraus: Sie belegt tatsächlich den Namen der aufstrebenen Siedlung Nida(e).

Unbeantwortet blieb dagegen die Frage einer Zuhörerin, was man denn an Funden auf dem Areal – offizielle Adresse „In der Römerstadt 126-134“ – erwarte. „Wir stehen erst am Anfang. Man weiß nie, was im Boden drin ist“, sagte David. Und dann müsse man auch noch den Erhaltungszustand beachten. Bei Grabungen in den 90er Jahren wurden auf dem hinteren Teil ein Töpferofen, ein inzwischen mit Sand verfüllter Keller und ein Brunnen gefunden. Teilweise sind sie durch Schutzhäuser vor Wind und Wetter gesichert.

Eine echte Überraschung

Zudem wurden nicht weit entfernt die Westthermen entdeckt. Und jüngst – vor dem Bau der neuen Römerstadtschule – ein Weihebezirk mit Tempelresten, einem Altar und einem Jupiteradler. Eine echte Überraschung. Vermuteten die Wissenschaftler dort doch jahrzehntelang den dreieckigen Markplatz der Siedlung, die sogar über eine 2,75 Kilometer lange Stadtmauer verfügte. Doch alle dies verschwand beim Bau von Römerstadt (1927-1929) und der Nordweststadt Anfang der 60er Jahre. Unwiderbringlich.

Am kommenden Donnerstag, 18. September, will ABG-Chef Frank Junker auf der Sitzung des Ortsbeirates im Bürgerhaus Nordwest die Pläne für seine Bebauung vorstellen.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein