Die alte Orgel klingt wie neu

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Mit Tablet und Touchscreen: Der eigens für die neue Orgel angefertigte Spieltisch eröffnet Kantor Tobias Koriath ganz neue technische und klangvolle Möglichkeiten. © hamerski
Mit Tablet und Touchscreen: Der eigens für die neue Orgel angefertigte Spieltisch eröffnet Kantor Tobias Koriath ganz neue technische und klangvolle Möglichkeiten. © hamerski

St. Thomas in Heddernheim ist bereit für die Zukunft

„Ich habe keine Angst vor der ganzen Technik. Auch wenn sie mich ein wenig überflüssig macht“, sagt Tobias Koriath, seit neun Jahren Kantor der Thomasgemeinde. Er sitzt auf der Empore der Kirche in der Heddernheimer Kirchstraße. An dem Ort, an dem er in den vergangenen Jahren schon unzählige Stunden Zeit verbracht hat.

Prunkstück der Kirche

Um ihn herum ist Baustelle, der Boden ist teilweise noch abgedeckt, Kabel und Werkzeuge liegen herum. Davon zeigt sich Koriath jedoch völlig unbeeindruckt. Viel zu begeistert ist er von dem neuen Prunkstück der Kirche: Der neuen Orgel samt Spieltisch. Die irgendwie auch die alte ist. Denn die rund 1300 Pfeifen, die vor anderthalb Jahren abgebaut wurden, sind nach ihrer professionellen Reinigung zurückgekehrt, ergänzt um 532 neue Pfeifen. Sowie einen neuen Spieltisch. An dem Tobias Koriath an diesem Vormittag sitzt und zeigt, was die Orgel so alles kann.

„Das Material war viel zu gut, als es weg zu schmeißen“, erklärt Gabriele Slutzky, langjähriges Mitglied des Kirchenvorstandes und Leiterin des Projektes „Die Neue Thomasorgel“. Recht schnell habe man sich deswegen gegen das Entsorgen oder Ersetzen entschieden, stattdessen vielmehr auf eine Erweiterung des alten Instrumentes, das seit 1951 in der Thomaskirche steht, entschieden. Dessen Vorgänger war im Zweiten Weltkrieg nach einem Bombenangriff zerstört worden.

520 000 Euro kostete die Erweiterung und Reinigung der Orgel die Gemeinde. Möglich gemacht wurde dieses Mammutprojekt neben Eigen- und Kirchenmitteln auch durch die Großzügigkeit von lokalen Firmen sowie sogenannter Pfeifen-Patenschaften. Was übrigens immer noch möglich ist, wie Slutzky betont. 70 000 Euro fehlten noch, dann sei die benötigte Summe erreicht.

Es sind vor allem allerlei technische Raffinessen, die die Neue Thomasorgel fit machen für die Zukunft. Und die Tobias Koriath allerlei neue Möglichkeiten verschaffen, zugleich aber den traditionellen, den besonderen Klang nicht verdrängen. So kann er die Orgel über einen Touchscreen steuern, flink huschen seine Finger über den Bildschirm. Mit einem Zwinkern kann er zudem die Seiten auf seinem Tablet umblättern, seine Hände sind stets frei. Obwohl er die in einigen Fällen eigentlich gar nicht mehr braucht. „Freilich kann man auch Stücke aufnehmen und dann von der Orgel abspielen lassen“, sagt Koriath. Mit einem kleinen Chip meldet er sich an dem Instrument an, wird mit „Hallo Tobias“ begrüßt und kann seine gespeicherten Sachen abrufen. „Wie gesagt, ein wenig überflüssig macht es mich schon. Aber es ist so toll“, sagt der Kantor.

Dann lässt er die Orgel erklingen, voll und klar dringen die Töne durch die Kirche, aus den Pfeifen schweben sie durch das Kirchenschiff bis in den Altarraum und wieder zurück. Mit der sogenannten Winddrossel öffnet und schließt er die kleinen Klappen an dem mächtigen weißen Schwellwerk hinter den großen Orgelpfeifen. Es heult und jault. Mit dem Koppelknecht kann er Intervalle koppeln, früher undenkbar. „Ich kann Figuren spielen, die mit zwei Händen nicht möglich wären. Jetzt kann ich mehrere Hände einfach vortäuschen“, sagt er.

Der Spieltisch kann auch fahren

Bei all diesen Raffinessen ist es fast normal, dass der neue Spieltisch höhenverstellbar und auf der Empore fahrbar ist. Auch, dass weitere Instrumente an die Orgel angeschlossen werden. Und trotzdem gibt es noch Luft nach oben. „Verbessern kann man immer noch etwas, wir sind mit dieser Technik noch ganz am Anfang“, sagt Tobias Koriath. Und trotzdem vielen anderen Kirchen in Frankfurt voraus. Denn solch eine Mischung, eine klassische Orgel gepaart mit technischen Details ist in der Stadt (noch) eher selten.

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