„Bunkergeschichten“ – Zur Geschichte der Entstehung der Hochbunker im Frankfurter Stadtteil Heddernheim von 1941 bis 1944

0
1589
Hochbunker in Heddernheim
Hochbunker in Heddernheim

Klaus Gülden erinnert sich

Anlass für meine Erinnerungen ist ein Bericht, der ehemalige Luftschutzbunker in der Brühlstraße werde für 14 Wohnungen umgebaut. Für die Nachbarschaft bedeutet das allerdings viele Einschränkungen verschiedener Art.

Vor vielen Jahren hatte mir ein langjähriger Freund von seiner Kriegszeit berichtet. Er war im Januar 1940 Soldat geworden und nahm am Krieg gegen Frankreich von Anfang an teil. Als Fahrer einer geländegängigen „Zündapp KS 600“ mit Beiwagen war er in einer Aufklärungseinheit der „Panzergruppe Kleist“ eingesetzt.

Mein langjähriger Freund in Frankreich 1940
Mein langjähriger Freund in Frankreich 1940

Er war sehr froh über das frühe Ende der Kampfhandlungen am 25. Juni 1940 und kam am 1. Oktober 1940 wieder nach Hause zurück. In Frankfurt angekommen, wunderte er sich, dass nach den „siegreichen Feldzügen“ des Jahres 1940, bereits im November ein Luftschutzbunker-Bauprogramm begann. Er ahnte damals schon, dass etwas Bedrohliches aus der Luft auf die Bevölkerung zukommen werde. Er hatte recht!  –

Insgesamt entstanden vom Winter 1940 an bis zum Sommer 1944 im Stadtteil vier Luftschutz-Hochbunker:

Bunker Brühlstraße - Ansicht von Nordwesten 1984 mit Dachzugang über Eisenleitern.
Bunker Brühlstraße – Ansicht von Nordwesten 1984 mit Dachzugang über Eisenleitern.

Der erste Bunker wurde in der Brühlstraße gebaut. Mit den Erdarbeiten wurde am 25.11.1940 und mit den Betonarbeiten am 23.12.1940 begonnen. Am 14.7.1942 waren die Arbeiten beendet. Er hatte 416 Schutzplätze auf drei Stockwerken und Einzelräume für jeweils 12 Personen.

Bunker Hadrianstraße  - Bunkerstandort zwischen den im Bau befindlichen Fahrbahnen der Rosa-Luxemburg-Straße 1969.
Bunker Hadrianstraße – Bunkerstandort zwischen den im Bau befindlichen Fahrbahnen der Rosa-Luxemburg-Straße 1969.

Der zweite Bunker entstand in der Hadrianstraße. Mit den Erdarbeiten  wurde am 21.11.1940 und mit den Betonarbeiten am 8.1.1941 begonnen. Er hatte 1051 Schutzplätze auf vier Stockwerken und Einzelräume für jeweils 12 Personen.

Bunker in der Kirchstraße - Südseite mit Eingangsbauwerk und Treppenturm. Seltene zeitgenössische Aufnahme eines Bunkers während des Kriegs.
Bunker in der Kirchstraße – Südseite mit Eingangsbauwerk und Treppenturm. Seltene zeitgenössische Aufnahme eines Bunkers während des Kriegs.

Der dritte Bunker entstand in der Heddernheimer Kirchstraße. Mit den Erdarbeiten wurde am 11.7.1941 und mit den Betonarbeiten am 10.10.1941 begonnen. Er hatte 878 Schutzplätze auf vier Stockwerken und Einzelräume für jeweils 6 Personen.

Bunker Zeilweg - Ansicht von Südwesten, mit Schutzdächern Über den Lüftungsöffnungen und eingeschossigem Eingangsbauwerk.
Bunker Zeilweg – Ansicht von Südwesten, mit Schutzdächern Über den Lüftungsöffnungen und eingeschossigem Eingangsbauwerk.

Der vierte Bunker war eine Besonderheit: er entstand am Zeilweg als „Werkschutzbunker“ für das VDM-Werk Heddernheim. Der Bauantrag wurde am 24.3.1944 gestellt. Die Baubeschreibung beinhaltete die „Errichtung eines bombensicheren Luftschutzbunkers für die Gefolgschaft des Werkes“.

Der Bunker war für 1200 Personen auf sechs Stockwerken  – mit Tarnfarben in gelb-grün-braun versehen –  nur für die Werksangehörigen errichtet worden. Am 14.6.1944 wurde er nach den letzten Betonarbeiten an den „bombensicheren Teilen“ freigegeben. –

Nach Kriegsende diente er als Lagerdepot und Aktenarchiv der VDM.

Vor Beginn des Jahres 1984 war er abgerissen worden. Heute ist die Fläche bebaut.

Wie habe ich die Zeit des Zweiten Weltkrieges erlebt?                                 

Meine früheste Kindheitserinnerung habe ich an einen Luftangriff auf Frankfurt im Spätsommer 1943 und an die Flucht vor den Bomben mit meiner Mutter in den Bunker in der Heddernheimer Kirchstraße. Wir saßen uns in einem kleinen, einfach ausgestatteten Raum für sechs Personen mit Glühbirnenlampe auf Lattenrosten eng gegenüber.                                                                                 

Schon vor dem großen Luftangriff am 4.Oktober 1943 hatten wir beide bereits Zuflucht bei unseren Verwandten in der Rhön gefunden. Mein Vater Karl Gülden hatte damals als dienstverpflichteter Feuerwehrmann der „Feuerschutzpolizei“ die gefährlichen Löscharbeiten in der Innenstadt erlebt und uns davon berichtet.

Feuerlöschgruppe Frankfurt Heddernheim 1944
Feuerlöschgruppe Frankfurt Heddernheim 1944

Bei Luftangriffen gab es Vor- und Hauptalarm, dann eilten die Bewohner in die Luftschutzbunker. Danach wurden sie fest verschlossen. Keiner kam mehr hinein. Die Männer der „Feuerschutzpolizei“ mussten in Heddernheim in den Bunker in der Brühlstraße. Erst nach dem Ende eines Luftangriffs durften sie – wie alle anderen – den Bunker verlassen, um dann vom nahe gelegenen Feuerwehrgerätehaus in der Dillgasse mit ihren Löschfahrzeugen an die befohlenen Brandstätten im Stadtgebiet von Frankfurt auszurücken.

Mein Fazit aus all den geschichtlichen Ereignissen im Zweiten Weltkrieg: Luftschutzbunker in der Kriegszeit schützten Menschenleben. Heute sind sie über 75 Jahren danach vor allem Zeugen der deutschen Geschichte in Krieg und Frieden. In Zeiten von Kriegen fast überall in der Welt sollten sie bei uns als Gebäude in friedlicher Nutzung erhalten bleiben.                                                

Dies hat beispielhaft der Luftschutzbunker von 1941 in Alt-Fechenheim gezeigt. In Zusammenarbeit mit Behörden und allen Nachbarn wurde er ohne großen Lärm und ohne Sprengarbeiten von einem privaten Bauherrn für neun Wohnungen in den Jahren 2018 und 2019 umgebaut. Das Bauwerk erhielt sogar 2020 den „Denkmalschutzpreis des Landes Hessen“.   

Von Klaus Gülden

Anmerkung: Die verwendeten Daten und Bilder zu den vier Luftschutzbunkern sind der Dokumentation von Andrea Hampel „Hochbunker in Frankfurt am Main“ von 2012 entnommen.                    

                                                                                                                           

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein