Frankfurter bringt Mensch und Kultur zusammen

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Ein Tausendsassa: Neben seinem ehrenamtlichen Engagement hat Hamidul Khan das Spielen auf dem Saxophon für sich entdeckt. © Rolf Oeser
Ein Tausendsassa: Neben seinem ehrenamtlichen Engagement hat Hamidul Khan das Spielen auf dem Saxophon für sich entdeckt. © Rolf Oeser

Hamidul Khan, Initiator der Frankfurter Immigrationsbuchmesse, erhält die Auszeichnung des Landes Hessen „Menschen des Respekts“. Umweltministerin Priska Hinz überreicht sie.

Bücher stapeln sich auf dem Schreibtisch im Arbeitszimmer von Hamidul Khan. Aus der Küche dringt der Duft von Curry in den ersten Stock des Reihenhauses in Heddernheim. Literatur und Kochen sind zwei seiner Leidenschaften. Und der Initiator und Organisator der Frankfurter Immigrationsbuchmesse hat noch eine dritte: Er bringt gerne Menschen unterschiedlicher Kulturen und Weltanschauungen zusammen. Für sein vielfältiges soziokulturelles ehrenamtliches Engagement wird er am kommenden Mittwoch von der hessischen Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) mit der Auszeichnung „Menschen des Respekts“ geehrt.

Wenn Hamidul Khan zum Essen in seine Küche einlädt, scheut er, wie bei allem, was er tut, keinen Aufwand. Ein Gemüsecurry und Daal, eines der typischen indisch-bengalischen Linsengerichte, köcheln in Töpfen auf dem Herd, gebratene Hühnerbrust und Fisch stehen, bereit zum Servieren, daneben. In den Genuss seiner Kochkunst werden am Mittwoch auch die Ministerin, die Landtagsabgeordnete Martina Feldmayer (Grüne) und Gäste kommen, die zu der Preisverleihung geladen sind. Die Auszeichnung wird dem Deutsch-Bengalen nicht in der Staatskanzlei in Wiesbaden, sondern in Heddernheim im Begegnungszentrum in der Aßlarer Straße überreicht, einem seiner Wirkungsorte.

Einmal im Monat, immer freitags, kocht der 65-Jährige ehrenamtlich für Seniorinnen und Senioren, damit diese für wenig Geld beim Essen miteinander ins Gespräch kommen können. Die Spendensumme, die dabei generiert wird, geht an die FR-Altenhilfe, die bedürftige alte Menschen unterstützt.

Vom Kochen für einen guten Zweck ließ er sich auch von der Coronapandemie nicht abhalten. 2020, als das Begegnungszentrum geschlossen war, kochte er zusammen mit seinem Sohn Miro und anderen Helfer:innen aus der Nachbarschaft in seiner Küche für Senior:innen, reichte die Speisen aus seinem Küchenfenster hinaus. Die Besucher:innen speisten im Freien an Stehtischen, die den Auflagen entsprechend eineinhalb Meter auseinander standen. „1000 Euro an Spenden kamen zusammen“, sagt der Heddernheimer und sein Gesicht erstrahlt.

1982 verließ Hamidul Khan sein Dorf im Bezirk Rangpur in Bangladesch mit einem Flugticket nach Deutschland in der Tasche. Nach dem Militärputsch drohten Oppositionellen die Verhaftung. Er kam als Flüchtling nach Frankfurt, inzwischen ist er längst deutscher Staatsbürger, 31 Jahre arbeitete er im Catering für die Lufthansa, bevor er jetzt in den Ruhestand ging.

Mit seiner Frau Silke hat er einen leiblichen Sohn, Miro, der Jura studiert, und Nowruz, einen Adoptivsohn, der aus dem Iran stammt und eine Lehre zum Elektriker macht. Beide Söhne sind 22 Jahre alt. Nowruz war zunächst ein Pflegekind. Als ihn die Angst vor einer Abschiebung bis in den Schlaf verfolgte, beschlossen die Eltern, ihn zu adoptieren.

Hamidul Khan; der aus erster Ehe noch eine Tochter und einen Sohn, Natalie und Joy, hat, liebt seine multikulturelle Familie. „Weihnachten saßen bei uns vier Generationen aus vier Ländern zusammen, aus dem Iran, Afghanistan, Bangladesch und Hessen. Und es gab traditionelles deutsches Weihnachtsessen“, erzählt er und verrät, was er seiner Frau geschenkt hat, „Goethe und der Koran“, ein Buch von Karl-Josef Kuschel mit Kalligrafien von Shahid Alam. „Die Autoren würde ich gerne zur nächsten Immigrationsbuchmesse einladen.“

Seit über zwölf Jahren organisiert Hamidul Khan die von ihm initiierte Immigrationsbuchmesse, die zu einer festen Größe im Kulturleben der Stadt geworden ist. „Die Messe ist in ihrer Form deutschlandweit, wenn nicht weltweit einzigartig“, sagt er. Auf ihr kommen Autor:innen mit den unterschiedlichsten Migrationshintergründen zu Wort. Was alle und alles eint: Die Sprache aller Veranstaltungen ist Deutsch.

Ziel der Messe sei es, so der 65-Jährige, die Integration von Migrant:innen sowie das friedliche Zusammenleben von Angehörigen der verschiedensten Kulturen zu fördern und einen interkulturellen Austausch zu ermöglichen. Auf der Messe werden auch Autor:innen geehrt, die sich für die Integration einsetzen. 2023 erhielt Barbara Gressert-Diallo, Witwe von Jean Claude Diallo, dem ersten und bisher einzigen Frankfurter Dezernenten mit Wurzeln in Schwarzafrika, den Buchpreis für den von ihr herausgegebenen Band „Jean Claude Diallo: ein Frankfurter aus Afrika“.

Hamidul Khan selbst gibt auch Bücher heraus zu Themen, die ihm am Herzen liegen, zuletzt eines über den Aufenthalt des indischen Dichters und Nobelpreisträgers Tagore vor über 100 Jahren in Darmstadt. Über fünf Jahre war er in den 1990-er Jahren auch Herausgeber des „Frankfurter Multikulturellen Journals“, das alle drei Monate erschien. Sogar Günter Grass, Nobelpreisträger und Autor der „Blechtrommel“, den er auf der Frankfurter Buchmesse traf, leistete auf seine Bitte hin einen Beitrag, „Er schrieb über die Diskriminierung von Roma und Sinti“, sagt Hamidul Khan.

Dem Heddernheimer fallen immer neue Projekte ein. Er gründete 1997 zusammen mit seiner Frau die „Deutsch-Bengalische Gesellschaft“, die alljährlich unter anderem ein bengalisches Neujahrsfest ausrichtet. Seit 2018 organisiert er in Heddernheim das Kultur- und Klimafest, bei dem die Nachbarschaft zusammenkommt.

Sein Engagement ist nicht auf Frankfurt beschränkt. In Bangladesch hat er sein Elternhaus in den „Fröbel and Khan German Kindergarten“ umgewandelt, in dem 40 Kinder betreut werden. Und er würde dort gerne auch noch einen Seminarraum einrichten, um etwa den Dorfbewohner:innen Umweltthemen nahe zu bringen.

Trotz seines Engagements für andere hat Hamidul Khan noch Zeit für Hobbys. Jeden Tag übt er auf seinem Saxophon, wenn ihn nicht eine Arthrose in seinen Fingern daran hindert. Und seit neuesten ist er auch der Besitzer einer Hühnerschar. Auf einer Parzelle des nahen Kleintierzuchtvereins hält er acht Vögel, die er jeden Tag besucht und füttert. „Jetzt habe ich immer Bio-Eier“, sagt er. Als leidenschaftlicher Koch weiß er, gute Lebensmittel zu schätzen.

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