Speisekammer: Bei beliebtem Lokal steht bald ein neuer Wirt hinter der Theke

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Sie führen die Tradition fort: Florian Baumann (v. l.) und Alexander Gottwald sind die neuen Pächter der Speisekammer. Sie sind die Nachfolger von Dieter und Alexander Schreuer mit Sohn Justus. © Leonhard Hamerski
Sie führen die Tradition fort: Florian Baumann (v. l.) und Alexander Gottwald sind die neuen Pächter der Speisekammer. Sie sind die Nachfolger von Dieter und Alexander Schreuer mit Sohn Justus. © Leonhard Hamerski

Ein neuer Pächter versorgt ab Januar in der Traditionskneipe „Speisekammer“ die Gäste mit Apfelwein. Das Konzept des beliebten Lokals in Frankfurt soll beibehalten werden.

Frankfurt – Es war keine Herzens-, sondern eine Kopf-Entscheidung, die Dieter Schreuer und sein Sohn Alexander getroffen haben: Nach 15 Jahren ziehen sie sich aus der Speisekammer zurück, zum Jahreswechsel wird die Traditions-Wirtschaft im Herzen des Stadtteils Heddernheim, unweit der Gemaa Bumb, an die neuen Pächter übergeben.

„Das ist emotional wirklich schwierig“, sagt Dieter Schreuer. Er sitzt im Gastraum der zweitältesten Wirtschaft in Heddernheim. An einem der massiven Tische aus dunklem Holz. Eigentlich, sagt der 65-Jährige, sei er bereits seit über einem Jahr im Ruhestand. 2020 hatte er das Lokal an seinen Sohn, der ebenfalls wie er gelernter Koch ist, übergeben.

Doch dann kam Corona, viele Mitarbeiter konnten nicht gehalten werden. Und so musste der Vater wieder einspringen. Erst zwei, dann drei Tage und irgendwann wieder sechs Tage die Woche verbrachte er in dem Lokal in Frankfurt. „So hatte ich mir meinen Ruhestand nicht vorgestellt“, sagt er, betont aber auch zugleich, dass es keine Frage gewesen sei, seinem Sohn „in dieser schwierigen Zeit“ zu helfen.

„Speisekammer“ in Frankfurt: Die neuen Pächter sind „alte Hasen“

Trotzdem sei er froh gewesen, als Alexander sich im Sommer entschied, die Gaststätte zu verpachten. „Rational gesehen, war das die richtige Entscheidung“, sagte er. Sein Sohn nickt. Er lehnt an der Theke, auf dem Arm hat er Justus, seinen jüngsten Sohn. Vier Kinder, im Alter zwischen zwei und sieben Jahren, haben er und seine Frau. Zudem wohnt die Familie in Karben. Was viel Fahrzeit bedeutet. „Das war auf Dauer alles nicht mehr machbar“, sagt er. Die Kinder freuten sich schon, dass ihr Papa künftig mehr Zeit für sie haben wird.

Übernehmen werden die Wirtschaft mit gutbürgerlicher Küche mit Niveau Alexander Gottwald und Florian Baumann, so etwas wie zwei alte Hasen. Sind sie doch seit knapp acht Jahren bereits Pächter des Lokals „Zum Löwen“ in Sossenheim. Lange, sagt Baumann, seien sie bereits auf der Suche nach einer zweiten Gaststätte gewesen. Im Internet seien sie auf die Speisekammer gestoßen, bereits nach dem ersten Treffen habe das Bauchgefühl gestimmt, drei Tage später war man sich einig.

Viel ändern wollen die neuen Pächter nicht, drei Tage lang haben sie nach dem letzten Öffnungstag am 27.12.2021 Zeit zum Aufräumen und Putzen. „Das Konzept soll erhalten bleiben. Wir wollen hier nichts auf den Kopf stellen, denn das Lokal läuft, wir wollen niemanden vergraulen, sondern den Stammgästen ihr gewohntes Ambiente bieten“, sagt Baumann.

„Speisekammer“ in Frankfurt: Eine von ehemals 25 Apfelweinwirtschaften in Heddernheim

„Wir geben unsere Speisekammer in gute Hände ab“, ist Dieter Schreuer überzeugt. Ein Gefühl, das für ihn wichtig ist, hängt an der Wirtschaft doch sein Herz. 2006 hatte er sie übernommen und aus dem Dornröschenschlaf erweckt, vier Jahre später gar das Gebäude gekauft. Das für ihn auch ein Teil seiner Kindheit ist. Denn Dieter Schreuer wuchs nebenan auf, seine Eltern hatten dort eine Schreinerei. Immer freitags holte er in der Speisekammer einen gefüllten Bembel.

Eine von wenigen Traditionen, die nicht nur er, sondern viele Heddernheimer mit dem Lokal verbinden. War es doch einst eine von rund 25 Apfelweinwirtschaften im Viertel, von denen es heute nur wenige gibt. 1740 wurde das Fachwerkhaus als Wohngebäude mit Weinkeller, in dem bis zu zwölf große Fässer lagerten, errichtet. Erstmalig als Gaststätte erwähnt wurde das Gebäude um 1877, Ende 1912 wurde das damalige Gambrinus von Ludwig Gülden übernommen. Sein Enkel Klaus Gülden lebte bis 1956 im ersten Stock, Oma Maria und Mutter Paule bewirtschafteten die Gaststätte.

Zur Speisekammer wurde es 1990, als Heinz Mussel das Gebäude kernsanierte und die Wirtschaft fortführte. Bis 2006 die Schreuers übernahmen und das Lokal mit Liebe und Leidenschaft zu dem machten, was es heute ist. Eine Institution mit Tradition. Die bleibt.

1 Kommentar

  1. Auf Gutes Gelingen!
    und eine Bitte zum Start: Weisen Sie doch bitte die Gäste in freundlicher Form auf Rücksichtnahme hin – betreffend die SUV-Fahrer, die auf den Gehwegen parken.
    Mit 4 U-Bahnlinien und dem Metrobus M60 ist die Speisekammer wahrlich gut mit dem ÖPNV zu erreichen.

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