Niederursel: Einst murmelnder Quell, jetzt stinkende Qual

Der Mühlgraben ist zum Ärgernis geworden. Stadt und Privatanlieger streiten um Zuständigkeit.

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Gar nicht schön: der Mühlgraben in Höhe der neu gebauten Mehrfamilienhäuser. © Oscar Unger
Gar nicht schön: der Mühlgraben in Höhe der neu gebauten Mehrfamilienhäuser. © Oscar Unger

Der Mühlgraben hat, im wahrsten Sinne des Wortes, eine bewegte Geschichte. Wurde der künstliche Bach doch einst angelegt, um zahlreiche Mühlräder anzutreiben. Allein an der 1695 erbauten Untermühle waren es drei – zwei, um Getreide zu mahlen, ein weiteres trieb die Ölmühle ein. Seit 1948, nach der Stilllegung der Obermühle, ist er nur noch Teil der Natur und entlastet zudem den Urselbach bei Hochwasser.

Vor einigen Jahren wurde der Oberlauf gar renaturiert, in Höhe der Obermühle fließt er unterirdisch, an der Obermühlgasse tritt er wieder hinaus. In vergangenen Tagen ein murmelnder Quell. Das klingt nach einem wahren Idyll. Doch das ist es nicht. Denn der Mühlgraben wird nicht mehr gereinigt, zumindest nicht im Abschnitt der ehemaligen Obermühle, wo ein Investor seit rund drei Jahren den Bau von fünf Mehrfamilienhäusern realisiert.

Zudem sei die Schleuse am Beginn des Oberlaufs dauerhaft geschlossen, lediglich ein kleines Rinnsal komme dort noch hinaus, sagt Joachim Rotberg (CDU), der für die nächste Sitzung des Ortsbeirates 8 (Heddernheim, Niederursel, Nordweststadt) einen entsprechenden Antrag formuliert hat.

Es stinkt erbärmlich

Denn: Nicht nur, dass der Mühlgraben bei Niedrigwasser dreckig sei vor Schmutz und Schlamm und es „erbärmlich stinkt“, wie Anwohner und Landwirt Wolfgang Stark berichtet. Bei Starkregenereignissen könne das Wasser des Urselbachs nicht mehr richtig im Mühlgraben abfließen. „Es ist normal, dass die Spielsgasse bei starkem Regen überflutet wird. An Fronleichnam geschah dies aber schneller als sonst“, sagt Rotberg. „Ich kann nicht verstehen, dass der Bachlauf jahrelang gereinigt wurde und jetzt plötzlich nicht mehr“, drängt auch Wolfgang Stark derweil auf eine schnelle Lösung.

Von einer „ganz schwierigen Sache“ spricht Stefanie Toth von der SEF. Mit der Aufgabe der Mühle nach dem Zweiten Weltkrieg seien deren Rechte an die Stadt zurückgegeben worden. Beim Mühlgraben sei dies aber „wohl versäumt“ worden. Deshalb sei dieser ab dem Abzweig Obermühlgasse in privatem, ein Stückchen weiter wieder in städtischem Besitz. Der Mühlgraben werde regelmäßig, wie alle anderen Bäche und Gewässer, einmal im Jahr gereinigt. Zuletzt war dies im Herbst vergangenen Jahres der Fall. Davon abgesehen, dass man derzeit wegen brütender Vögel ohnehin nicht eingreifen könne, sehe man aktuell auch nicht die Notwendigkeit, dies zu tun.

Und der Abschnitt an der Obermühlgasse? „Da kommen wir eben nicht hin, weil die Flächen in Privatbesitz sind“, erklärt Stefanie Toth. Das sei zwar „schon immer so gewesen“, aber jetzt entscheidend, sagt sie, ohne darauf näher eingehen zu wollen. Stattdessen spricht sie von komplexen rechtlichen Fragen, die geklärt werden müssten. Dass der Zustand des Mühlgrabens Einfluss auf die Überschwemmungen in Niederursel habe, glaube sie eher nicht.

Nach einer schnellen Lösung hört sich das nicht an. Obwohl diese einfach wäre. Ein fünf Meter breiter Streifen am Ufer, der befahren werden könne, sagt Stefanie Toth, würde für die Reinigung des betroffenen Abschnittes schon ausreichen. Doch dessen privater Eigentümer habe stattdessen umfangreiche Sanierungsmaßnahmen an dem Betontrog, in dem der Mühlgraben fließt, von der Stadtentwässerung gefordert, wie Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) vor wenigen Monaten erst erklärte. Und zugleich, wie auch die SEF jetzt, betonte: Bis zur Klärung der zukünftigen Eigentumsverhältnisse und der damit verbundenen Unterhaltungslasten könne die Stadtentwässerung keine Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten an privaten Gewässerabschnitten durchführen. jdi

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