Heddernheimer Pastoralreferent schafft Freiräume für Menschen

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Matthias Köhler wollte für acht bis zehn Jahre bleiben – nun macht er den Job bereits seit 29 Jahren. In dieser Zeit hat sich seine Arbeit verändert.

Matthias Köhler erinnert sich noch genau an die erste Frage beim Vorstellungsgespräch in Heddernheim: „Wie lange wollen sie denn bleiben?“ Die damalige Planung des angehenden Pastoralreferenten: acht bis zehn Jahre. „Daraus sind inzwischen 29 Jahre geworden“, sagt der verheiratete Vater von zwei erwachsenen Söhnen und lacht.

Eben wegen dieser Familie sei er letztlich auch in Heddernheim geblieben. 1992 trat der studierte Theologe die vakante Stelle in der katholischen St.-Peter-und-Paul-Gemeinde an und ist seitdem für die pfarramtlichen und seelsorglichen Dienste verantwortlich. Im Laufe der Jahre hat sich die ehemals „alte Pfarrgemeinde“ durch neu zugezogene Familien verjüngt. Pro Jahr gehen zwischen 20 und 25 Kinder aus Heddernheim zur Erstkommunion.

Mit wachem, konzentriertem Blick erzählt der gebürtige Frankfurter von den Veränderungen und Herausforderungen während seiner Amtstätigkeit. Seit 2016 ist die Gemeinde mit derzeit rund 2800 Mitgliedern nicht mehr eigenständig, sondern gehört mit sechs weiteren katholischen Gemeinden zum Verbund der Pfarrei Hl. Katharina von Siena. Aus diesem Grund gibt es auch keine Feierlichkeiten zum 275-jährigen Bestehen.

Die Verwaltung wurde zentriert, die Pfarrbüros in den jeweiligen Gemeinden sind nur noch begrenzt besetzt. Generell habe sich die Kirchenarbeit weg von konservativ-hierarchischen Strukturen hin zur Nähe am Menschen entwickelt, erzählt Köhler. „Ich sehe es nicht als meine Aufgabe, Direktiven zu geben, sondern Freiräume zu schaffen.“

Die Menschen wollten sich mit ihren Ideen einbringen. Dennoch habe es in den letzten zwei Jahren viele Kirchenaustritte gegeben, auch von Menschen, die in der Gemeinde gut verankert waren. „Die Spannung zwischen persönlichem Glauben und der Institution Kirche hat zugenommen“ bestätigt Köhler. Er nimmt die Kritik ernst und sucht das Gespräch. „Mir ist dabei wichtig, die Botschaft von Jesus und die christlichen Inhalte in den Vordergrund zu stellen“ sagt er. Ebenso sei es ihm ein Anliegen „über den Kirchturm hinaus“ zu schauen. So hat er mit Gemeindemitgliedern eine Synagoge und einer Moschee besichtigt. Ende Oktober ist der Besuch des jüdischen Museums geplant.

Auch die Corona-Pandemie hat durch die Kontaktbeschränkungen das lebendige Miteinander verändert. „Wir durften in der Kirche ja nicht singen“, erzählt er. Da sei im Gottesdienst etwas weggefallen, was wertvoll und wichtig sei. „Wir haben Lieder von der CD abgespielt“, erzählt Köhler mit einem feinen Lächeln.

Einen erhöhten seelsorgerischen Bedarf konnte der 63-Jährige in der Zeit nicht feststellen. „Wir haben Einkaufshilfen angeboten, aber der Bedarf bei den Älteren war gering“, berichtet er. „Die Familien mit Kindern waren viel mehr unter Druck“, ist sich Köhler sicher.

Aktionen wie das kleine Herbstprogramm mit Live-Musik auf dem Karl-Perrot-Platz und eine Erntedank-Rallye für Familien sind ihm deshalb wichtig. Durchaus positiv hat er die coronabedingten kleinen Kreise bei der Erstkommunion empfunden. „Die kleinen Feiern haben eine größere Dichte, eine persönlichere Atmosphäre“, schwärmt er.

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