Normalerweise herrscht in diesen Winterwochen bei den Fidelen Nassauern in Heddernheim Hochbetrieb, wenn die Fastnachtssaison zum Endspurt ansetzt. Herrensitzung, Maskenbälle, Gardetag, Prunksitzung, Damensitzung und schließlich der Kehraus stehen dann auf dem Programm der Garden und Tanzgruppen, der Elferräte, Babbelschwestern und Kreuzbandritter. Doch in dieser Saison müssen die Karnevalisten ihre Kostüme und Narrenkappen im Schrank hängen lassen: Wegen der Corona-Pandemie haben sie alle öffentlichen Saalveranstaltungen abgesagt.
Dabei, sagt Vorsitzender Jörg Haft, habe man die Kampagne schon geplant – voller Hoffnung, nach der Pause im vergangenen Jahr endlich wieder durchstarten zu können. Aber auch mit wachsenden Bedenken, je stärker die Inzidenzen stiegen. Bis sich die Vereinsverantwortlichen Anfang Januar dazu durchrangen, das bunte Treiben abzusagen. Schweren Herzens, sagt Haft: „Gerade für die Kinder ist das traurig. Die haben das ganze Jahr etwas einstudiert und jetzt können sie es nicht zeigen.“ Doch das Risiko war den Organisatoren zu groß. Beschränkte Besucherzahlen, Masken, Abstände – das funktioniere vielleicht bei Konzerten, aber nicht im Karneval, sagt der Vorsitzende: „Da verliert jeder die Lust. Und Gesundheit geht vor.“ Dabei machen die Absagen dem Verein auch finanziell zu schaffen. Auf 50 000 bis 60 000 Euro beziffert Haft den Einnahmenverlust – „für uns eine bittere Pille“.
Die Motivation ist abhanden gekommen
So wie die Fidelen Nassauer haben viele Frankfurter Vereine mit der Corona-Pandemie zu kämpfen. Im ersten Jahr hätten ihnen in erster Linie finanzielle Schwierigkeiten zu schaffen gemacht, sagt Uwe Serke, Vorsitzender des Stadtverbands der Frankfurter Vereinsringe. Jetzt aber seien es vermehrt strukturelle Probleme, die vielen Kopfzerbrechen bereiteten: Wie schafft man es, die Mitglieder bei der Stange zu halten – ohne gemeinsame Aktionen, ohne Feste? „Vielen ist die Motivation, in Vereinen mitzuwirken, abhandengekommen“, beobachtet Serke. Eugen Müller, Vorsitzender des Bürgervereins Oberrad, bestätigt das. Weil seit zwei Jahren praktisch keine Veranstaltungen mehr möglich seien, zeigten sich inzwischen „Lähmungserscheinungen“, sagt er. Sein bitteres Fazit: „Corona zerstört alles.“
Vor einem Jahr startete der Vereinsring-Stadtverband zwar die Kampagne „Raus aus de Schlappe“, um neues Leben in die Vereine zu bringen – zunächst mit Erfolg. „Aber dann kam Delta und dann Omikron“, seufzt Vorsitzender Serke. Entsprechend groß ist seine Sorge, dass die Motivation bei etlichen Mitgliedern wieder verpufft ist und dass sie sich anderweitig orientieren könnten.
Brigitte Golde plagen noch andere Nöte: das liebe Geld. Schließlich, sagt die Geschäftsführerin des 1. Frankfurter Schiffs-Modellbau-Clubs, müsse der Verein jeden Monat knapp 200 Euro Miete für die Kellerräume im Kronberger Haus in Höchst aufbringen, dazu die Kosten für Strom und Versicherungen stemmen. „Geld, das ich nicht habe“, sagt Golde. Bisher habe man die Ausgaben immer durch Stände bei Veranstaltungen wie dem Höchster Weihnachtsmarkt finanziert. Wegen Corona fehlen diese Einnahmen nun. Angesparte Reserven seien bereits verbraucht, so dass die Modellbauer in die roten Zahlen rutschten.
Die Rettung für den kleinen Verein kam kürzlich von Infraserv Höchst, der Betreibergesellschaft des Industrieparks, die Corona-geplagte Vereine rund um den Standort mit insgesamt 75 000 Euro bedachte. Ein kleiner Teil der Summe floss auch an den Schiffs-Modellbau-Club – sehr zu Goldes Erleichterung: „Damit konnten wir unsere Schulden zum großen Teil begleichen.“ Auch die Stadt als Vermieter habe sich bisher entgegenkommend gezeigt. Aber ob das reicht, damit der Verein die Pandemie übersteht? „Ich hoffe es“, sagt die Geschäftsführerin.
Auch Musikvereine wie die Stadtkapelle Bergen-Enkheim leiden unter der Pandemie. Das für vergangenen Dezember geplante Weihnachtskonzert musste man kurzfristig absagen, erinnert sich Vorsitzender Wilfried Bender. Obwohl man sich vorher größte Mühe gegeben habe, alle Auflagen einzuhalten: 2G, Abstände, Maskenpflicht, Testpflicht für die Musiker. Doch dann kam die Forderung, dass sich auch sämtliche Besucher vorher testen lassen müssten. Da, sagt Bender, habe man schließlich aufgegeben: „Das war organisatorisch einfach nicht machbar.“
Kein Ziel mehr vor Augen
Froh sind die Musiker darüber, dass viele Kartenkäufer auf eine Rückerstattung des Geldes verzichteten, um dem Verein auf diese Weise zu helfen. Und dass zumindest noch Präsenz-Proben erlaubt sind – anders als während des Lockdowns im vergangenen Winter. Aber man habe dabei kein Ziel mehr vor Augen, gibt der Vorsitzende zu bedenken, „weil wir nicht wissen, wann wir wieder auftreten können“.
Viele Sportvereine werden in der Corona-Zeit ebenfalls arg gebeutelt. Etwa die FTG Frankfurt, die im ersten Corona-Jahr rund 2000 Mitglieder eingebüßt hat. Für den Verein auch ein handfestes finanzielles Problem, schließlich habe das Verluste von rund 50 000 Euro pro Monat nach sich gezogen, sagt Geschäftsführer Holger Wessendorf. Zwar zog die Nachfrage in den Sommermonaten deutlich an. Doch mit den steigenden Inzidenzen habe sich das wieder geändert, erklärt der Geschäftsführer – obwohl viele der Sportler bereits dreimal geimpft sind und deshalb keine Probleme damit haben, dass im Training nun die 2G+-Regelung gilt. Dank staatlicher Hilfen habe man das Geschäftsjahr 2021 ganz gut überstanden, bilanziert Wessendorf: „Dennoch ist die Pandemie für uns eine große Herausforderung. Denn unser Apparat läuft zu 100 Prozent, aber es sind nicht 100 Prozent der Leute da, deshalb haben wir nicht 100 Prozent der Einnahmen.“