Start News Zwischen Grün und Grauen in der Frankfurter Römerstadt

Zwischen Grün und Grauen in der Frankfurter Römerstadt

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Ein von Wein überwuchertes Haus mit blühendem Vorgarten im Burgfeld (Römerstadt). © unger
Ein von Wein überwuchertes Haus mit blühendem Vorgarten im Burgfeld (Römerstadt). © unger

Warum lebendige Vorgärten so wichtig – Das Neue Frankfurt als Vorreiter

„Jeder Quadratmeter Grün zählt, um das Klima in der Stadt zu verbessern“, sagt Lara-Maria Mohr. Die Humangeografin betreut das städtische Förderprogramm „Frankfurt frischt auf“ (siehe Box), das es seit 2019 gibt und nun beim neugegründeten Klimareferat der Stadt angesiedelt ist. An diesem Abend ist Mohr zu Gast im Forum Neues Frankfurt, eines Kooperationsprojektes zwischen der Ernst-May-Gesellschaft und der Stadt in der Hadrianstraße 5, um Interessierten das Klimaförderprogramm vorzustellen und anhand von Beispielen zu erklären, was es bedeutet, wenn versiegelte Flächen aufgebrochen und bepflanzt oder Dächer und Hausfassaden begrünt werden.

Wo sich die Hitze staut

Am sichtbarsten wird der Begrünungseffekt anhand einer sogenannten Klimafunktionskarte der Stadt, auf der mit den Farben Hellblau, Grün, Gelb, Orange und Rot farblich gekennzeichnet ist, an welchen Stellen es in Frankfurt sich die Hitze staut. Die Karte zeigt, wo sich die Stadt durch dichte Bebauung, versiegelte Flächen und wenig Vegetation im Sommer stark aufheizt (Rot) und in welchen Gebieten nachts Frisch- und Kaltluft entstehen. Letztere sind Grün oder Hellblau unterlegt. „Eine Überhitzung wird auf der Karte besonders in der Innenstadt sichtbar“, sagt Mohr und deutet auf die entsprechende Fläche, die zwischen Dunkelorange und Rot changiert. Frankfurt sei die Stadt in Deutschland, in der es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Hitzerekorden gekommen sei. Dies berge große Gefahren für Menschen, Tiere und die Welt der Pflanzen.

Ein Blick auf die Fläche, die die Römerstadt markiert macht indes auch deutlich, dass Begrünung zu einer Abkühlung beiträgt. Hier dominiert zwar vor allem Gelb, so dass die vom früheren Stadtbaurat Ernst May (1886 – 1970) und seinem Team dort Mitte der 1920er Jahre realisierte Siedlung sich im Mittelfeld der Farbskala bewegt. Die Begrünung wurde einst aber schon mitgedacht, was bei einigen Neubauprojekten aus den vergangenen zwei Jahrzehnten oftmals nicht der Fall ist. In der Römerstadt gibt es Grünflächen vor dem Haus und in den Gärten dahinter. Mieter der Mehrfamilienhäuser konnten einen der Schrebergärten mieten, die wie ein Gürtel die Siedlung umgeben. Auch alle öffentlich zugänglichen Flächen und Verbindungswege wurden begrünt. Auf jeder der Bastionen genannten Rondellen stehen noch heute mächtige Bäume.

Kontrapunkt zur strengen Architektur

Begrünung war generell ein wichtiger Bestandteil des von May und seinem Team entwickelten Konzeptes für die Schaffung von Wohnraum als Teil des vom ihm 1925 aufgelegten Wohnungsbauprogramms des Neuen Frankfurt. Das Grün habe damals die Strenge der Architektur aufbrechen sollen, erklärt Christina Treutlein, stellvertretende Geschäftsführerin der Ernst-May-Gesellschaft. May habe, inspiriert von den Gartenstadtsiedlungen in England, nicht nur ein modernes, sondern auch ein gesundes Wohnen schaffen wollen – weg vom industrienahen Wohnen wie es oft der Fall gewesen sei.

„Auch wenn zu dieser Zeit noch nicht an das Klima als solches gedacht wurde, habe dies bis heute nichts an Aktualität verloren“, betont Treutlein.

Flachdächer bepflanzen

Der Wohnraum in der Römerstadt gehört zum Bestand der städtischen ABG Holding und steht unter Denkmalschutz. Einige Besucher der Veranstaltung leben dort selbst und äußern den Wunsch, noch mehr Grün in ihre Gärten und Vorgärten zu bringen und können sich durchaus aufgrund der Flachdächer eine Dachbegrünung samt Photovoltaikanlage oder auch eine Fassadenbegrünung vorstellen.

Ganz unabhängig davon, dass in diesem Fall die Entscheidung zu einem solchen Schritt bei der Wohnungsbaugesellschaft liege und auch denkmalschutzrechtliche Fragen aufwerfe, sei die Tragfähigkeit der Dächer aufgrund ihrer Entstehungszeit vermutlich nicht darauf ausgerichtet, eine Begrünung zu tragen. „Die Technik war damals noch nicht soweit ausgereift“, sagt sie weiter. Dennoch sei das Thema „Dachbegrünung“ einst eines gewesen, mit dem sich auch schon der zum Team um gehörende Landschaftsarchitekt Leberecht Migge beschäftigt habe, so Treutlein.

Ganz andere Fragen stellen sich etwa in der May-Siedlung in Praunheim, deren Häuser in Privatbesitz sind und nicht durch eine Wohnungsbaugesellschaft verwaltet werden. Dort finden sich an wenigen Stellen wie sonst uch in Frankfurt die mittlerweile nicht mehr gewollten Schottergärten, die nicht zu einer Verbesserung des städtischen Klimas beitragen, wie Mohr ausdrücklich betont.

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