Zwei Lehrer haben in Heddernheim ihre Liebe zum Fachwerk entdeckt

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Ein Kleinod geschaffen: Claudia Momberger-Friedsam mit Ehemann Manfred schufteten selber fast jeden Tag auf der Baustelle. Die nicht verputzten Teile der Wand erzählen Geschichten, die bis ins 16. Jahrhundert reichen. © Rainer Rüffer
Ein Kleinod geschaffen: Claudia Momberger-Friedsam mit Ehemann Manfred schufteten selber fast jeden Tag auf der Baustelle. Die nicht verputzten Teile der Wand erzählen Geschichten, die bis ins 16. Jahrhundert reichen. © Rainer Rüffer

Lehrer sind keine Handwerker, meint man. Wenn sich Lehrer aber etwas in den Kopf setzen, werden sie sogar Experten für Fachwerkhäuser, deren Geschichte bis ins Jahr 1532 zurückreicht. Claudia Momberger-Friedsam und ihr Mann Manfred Friedsam haben sieben Jahre lang selbst Hand angelegt, um die fünf Gebäude des historischen Momberger Hofs in altem Glanz wieder erstrahlen zu lassen.

Im Hinterhof riecht es nach frischen süßen Äpfeln. Wagenweise rollen sie über ein Laufband und werden erst in frisches Wasser getaucht, bevor sie gekeltert werden. Dicke Schläuche transportieren den Saft in die Gewölbekeller voller Fässer und Tanks. „Das Keltern gehört seit jeher dazu“, sagt Claudia Momberger-Friedsam (66) und beobachtet Ralf Greb beim Keltern. Der Schoppen, der hier frisch produziert wird, kommt in der historischen Gaststätte Momberger auf den Tisch, die seit 1972 verpachtet ist.

Das Gehöft mit seinen Stallungen hat eine lange Geschichte, die bis 1532 zurückreicht und seit mindestens 130 Jahren im Familienbesitz des Schankbetriebs der Familie Momberger ist. „Meine Mutter, die sich allein zuletzt um das Anwesen gekümmert hat, ist vor zehn Jahren gestorben“, erzählt Momberger-Friedsam. Vor sieben Jahren trafen sie und ihr Mann Manfred Friedsam (67) die Entscheidung, den Hof wieder in altem Glanz erstrahlen zu lassen. „Ein Verkauf kam für uns nie in Frage. Ich wurde hier geboren und bin mit Rumpsteak-Geruch groß geworden“, so die quirlige Frau lächelnd. Was sie nicht wusste, ist, was auf das Ehepaar zukommt.

Beide waren bis zu ihrer Rente Lehrer. Sie haben ihr Erbe, Mieteinkünfte und Erspartes zusammengekratzt, auf Urlaub verzichtet und sich einer Lebensaufgabe gewidmet. „Erst haben wir ein bisschen gestrichen und aufgehübscht“, so Friedsam. Schnell haben sie gemerkt, dass dies nicht reicht und einen Architekten zu Rate gezogen, der Fachmann für historische Bauten und Fachwerkhäuser ist. „Eine Blase auf Putz, die aufgeschlagen wurde, hat das Bruchsteinfundament von 1532 zutage gefördert. Der Architekt blieb als Berater, Fachleute aus ganz Deutschland wurden engagiert, das Ehepaar eignete sich Fachwissen über Lehm, Kalk und Leinölfarbe, wurde zum Bauleiter und schuftete selbst jeden Tag auf dem Bau. Wasserschäden, morsche Balken, marode Farben und Dächer an den fünf Gebäuden waren nur ein Teil des Problems. „Etwa 50 Prozent der Arbeit haben wir selbst geleistet. Alles, was keine Fachkenntnis brauchte, haben wir zu zweit und mit Freunden gemacht“, so Friedsam. Seine Frau hat jeden Schiefer-Dachziegel einzeln mit Wurzelbürsten abgewaschen, er hat mit der Flex Fachwerk freigelegt und alten Farbschichten entfernt. „Einige unserer Freunde haben nicht verstanden, warum wir täglich auf der Baustelle waren“, erzählen sie. Das habe geschmerzt, „aber wie soll jemand wissen, was es alles zu tun gibt, wenn man sich nicht selbst damit beschäftigt“, lenkt Friedsam ein.

22 Tonnen Lehm verarbeitet

Allein 22 Tonnen Lehm wurden zur Sanierung verarbeitet. Unterstützung von Ämtern haben sie nicht beantragt, weil sie „keine günstige, sondern gute Arbeit wollten“. Auch Mieterhöhungen gab es keine. „Das kann man nicht umlegen auf Mieter“, sind sie überzeugt. „Wir haben tolle Mieter und wollen sie auch behalten.“

Nach und nach ist die historische Fassade wieder im Original entstanden, Nebengebäude wurden saniert und jetzt wurde auch der Innenausbau der linken Seite des Haupthauses mit Lagern innen perfekt renoviert, nachdem die dort ansässige Sanitär- und Heizungsfirma einige Häuser weiter zog. Eichenholzdielen, eine Kombination aus weißen und original Bruchsteinwänden, Kölner Decken und ein neu entdecktes Fenster aus dem 17. Jahrhundert mit Originalscheiben wurde hinter Rigips gefunden und in einer perfekten Mischung einbezogen. Neue Stromleitungen im ganzen Gebäude, eine steile Eichenholztreppe mit dunklem Metallgeländer und vor Schrammen schützende Sachsenstabwände – das einzige Material, das nicht aus Hessen kommt – machen das Gebäude perfekt.

Einen Tag lang hatten sie den Gewerberaum inseriert und sofort Mieter gefunden. Am 1. November ziehen hier Landschafts- und Gartenbauer ein. Nur das Innere der Gaststätte Momberger bleibt, wie es ist. „Wir wollen den Grebs ihr Refugium so lassen, wie es ihre Gäste lieben“, sind sich die Eigentümer einig. „Ich liebe diese Gaststätte, wie sie ist und ich könnte bestimmt immer noch 30 Schnitzel gleichzeitig machen“, sagt Claudia Momberger-Friedsam. Derweil hat ihr Mann schon wieder neue Pläne für das historische Gehöft.

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