Artikel der Frankfurter Rundschau zur aktuellen Situation der Frankfurter Stadtteile im Internet
Die Stadt kontrolliert bei Internetseiten mit Stadtteilnamen den Inhalt / nieder-eschbach.de gilt als Vorzeige-Portal
Im virtuellen Frankfurt tut sich was. Nachdem die Stadtteile jahrelang nur auf privaten Homepages im Internet präsent waren, hat nun die Stadt Frankfurt damit begonnen, sich die Stadtteilnamen als Domain-Namen zu sichern – von bahnhofsviertel.de bis zeilsheim.de. Wenn die Qualität stimmt, dürfen Privatleute die Seiten jedoch unter demselben Namen weiterbetreiben.
Von Peter Rutkowski
FRANKFURT A. M. „Wir haben uns schon seit Ewigkeiten überlegt, ob wir die Domains auf uns registrieren lassen sollen“, sagt Michael Schönhofen vom Amt für Informations- und Kommunikationstechnik, der dort für Multimedia zuständig ist. Während die Stadt an ihrem eigenen Internet-Auftritt www.frankfurt.de bastelte, und die oft als „provinziell“ kritisierte Homepage zu einem brauchbaren Netzportal entwickelte, beobachteten Schönhofen und seine Kollegen die Entwicklungen in den Stadtteilen mit gemischten Gefühlen.
Dort begann sich nach einer ersten Phase der Bekanntschaft mit dem Internet, in der die Nutzer vor allem sich selbst darstellen wollten, der Wunsch zu regen, nützliche Informationen zu verbreiten, die potenziell mehr Menschen interessieren könnten. Das war ein größerer Rahmen als die eigenen Hobbys und Interessen, aber immer noch überschaubar. Wem an seiner Umgebung und seinen Mitmenschen gelegen war, würde das meist in seiner Freizeit erledigen wollen.
Das klappte mal besser, mal schlechter. Frank Barth, der www.schwanheim.de betreibt, nennt eine der Grundschwierigkeiten von Stadtteilportalen: „Das läuft nur, wenn die Informationen auch aus dem Stadtteil kommen.“ Wenn also beispielsweise Gewerbebetriebe, Initiativen und Vereine kontinuierlich aktuelle Informationen an den Webmaster liefern und damit bekunden, dass ihnen auch an ihrem virtuellen Stadtteil gelegen ist.
Nun wird es in Schwanheim zwar kaum eine Vereinsführung geben, die keinen PC mit Internetzugang zu Hause stehen hat. Das Interesse daran, sich auf der Stadtteil-Homepage wiederzufinden, bleibt aber gering. „Mit vier, fünf Vereinen habe ich richtig guten Kontakt, aber unser Vereinsring hat trotz mehrmaligen Vorstößen bislang kein Interesse gezeigt“, bedauert Barth. Auch seine Bitte um Informationen von den Mitgliedsvereinen selbst sei nicht weitergeleitet worden.
Dabei ist das seit 1998 von Barth betriebene Portal keineswegs uninteressant für die Schwanheimer: Im virtuellen Gästebuch der Seite wurde schon heftig diskutiert, ob die Seite auch Goldstein, das zum großen Teil auf Schwanheimer Gemarkung liegt, darstellen soll. Trotzdem bleibt es dabei, dass pro Monat durchschnittlich nur rund 600 Nutzer schwanheim.de anklicken. „Es wäre mehr los, wenn mehr Informationen da wären“, meint Barth. Vor kurzem hat er ein Schreiben der Stadt erhalten, in dem die ihren Anspruch auf die Domain bekundet. Aufgeben will er die Seite trotz Informationsmangels nicht, eventuell sogar einen Anwalt einschalten, um das Recht auf schwanheim.de zu behalten. Der städtische Multimedia-Fachmann Schönhofen gibt aber Entwarnung: „Wir haben die Vereinbarung, dass die Portale weiter betrieben werden können, wenn die bisherige Qualität gewahrt bleibt.“ Schlechte Erfahrungen habe es schon gegeben: Auf einer Seite fand sich plötzlich pornographisches Material, andere Seiten im Frankfurter Norden wurden vor Jahren von einem Bad Homburger belegt und lange tat sich dort nichts außer einer immer gleichen Startseite. „Da hat uns dann die Bevölkerung gefragt: Warum sichert ihr euch das nicht?“, berichtet Schönhofen. Erwartungshaltungen, dass hinter einem Domain-Namen auch handfeste Informationen stecken, gebe es, und die dürften nicht enttäuscht werden.
„Wenn ein Portal nicht im Sinne des jeweiligen Stadtteils betrieben wird oder die bisherigen Betreiber aufgeben, dann geht der Name an die Stadt über“, erklärt der städtische Webmaster kategorisch.
Das könnte Jan Wörner bevorstehen, der bergenenkheim.de betreibt. Dort gibt es zwar ein erkleckliches Angebot, das unter anderem auch die jüngsten Stadtschreiber darstellt, auf der Startseite wird aber noch für den Ironman-Wettbewerb 2002 geworben. Wörner erwartet, dass die Stadt die Seite übernehmen wird.
Ganz anders ist es dagegen bei nieder-eschbach.de. Ein Informatikkurs der Otto-Hahn-Gesamtschule betreibt die Seite seit 2000 unter Anleitung des Lehrers Günter Griebenow. Mehr als 42 600 Mal haben Internet-Nutzer auf die Seite zugegriffen, die diverse Links weit ins Worldwide Web hinein bietet und die Geschichtsdaten des nördlichen Stadtteils auflistet. Auch Kleinanzeigen, Vereinsregister und politische Tagesaktualität findet sich auf der Seite.
„Ein klassischer Fall“, meint Schönhofen, und einer, an dem die Stadt nicht rütteln will. Auch bei sindlingen.de und oberrad.de gebe es nichts zu beanstanden. Die Oberräder Seite ist gleichzeitig die des örtlichen Vereinsrings und weist damit ein breites Spektrum an Mitgliedsvereinen und Links zu deren eigenen Seiten auf.
Und auch das jüngste Stadtteil-Portal, heddernheim.de, braucht sich keine Sorgen bezüglich städtischer Ansprüche zu machen. Hans-Ullrich Repp und Frank Schmitt haben die Seite am 1. Februar ins Netz gestellt. Nun haben sie die Versicherung, dass „die Stadt uns in Ruhe lässt, weil wir das in deren Sinne machen“.